28. August 2018

So erwirken Unter­nehmer womög­lich bald Steu­er­nach­lass

Sechs Prozent Zinsen verlangt der Fiskus bei Steu­er­nach­zah­lungen – trotz Nied­rig­zins­phase. Jetzt hat der Bundes­fi­nanzhof Veto einge­legt – ein gutes Argu­ment für Einspruch gegen den Steu­er­be­scheid.

Text: Midia Nuri

ch kenne eine Unter­neh­merin, die freut sich über jede zu hohe Voraus­zah­lung an den Fiskus. Sie über­lässt ihr Geld gerne dem Finanzamt mit der Aussicht, eine statt­liche Rück­zah­lung zu erhalten, inklu­sive even­tuell anfal­lender Zinsen. Die Alter­na­tive ist nämlich, Steuern nach­zu­zahlen. Wer Liqui­dität parkt, kann aber gar keine Erträge mehr erwirt­schaften, die die dann fälligen Zinsen decken. Seit Jahren verharren die Zins­sätze im Dauer­tief. Der Euribor (Euro Inter­bank Offered Rate), zu dem sich die euro­päi­schen Banken unter­ein­ander Geld leihen, liegt seit langer Zeit im Minus. Einige Banken geben im Tages­geld­be­reich bereits Nega­tiv­zinsen an ihre Kunden weiter. Jedes vierte Kredit­in­stitut plane dies, zitiert die „Wirt­schafts­woche“ Bundes­bank­vor­stands­mit­glied Andreas Dombret.

Bei Steu­er­nach­zah­lungen sind sechs Prozent Zinsen fällig

Schlechte Zeiten für Sparer sind auch schlechte Zeiten für Unter­nehmer, die Rück­stel­lungen für mögliche Steu­er­nach­zah­lungen zur Seite legen wollen. Sie zahlen nämlich auf eine etwaige verspä­tete Forde­rung des Finanz­amts zusätz­lich sechs Prozent Zinsen pro Jahr – selbst wenn sie die Verzö­ge­rung nicht zu verant­worten haben, da sich die Beamten mit der Bear­bei­tung einfach viel Zeit gelassen haben oder Nach­zah­lungen durch eine Betriebs­prü­fung fällig sind. Natür­lich schütten die Finanz­ämter auch Zinsen auf eine Steu­er­rück­erstat­tung aus, wenn es mal etwas länger dauert. Aber unter dem Strich spülen Zinsen dem Fiskus satte Milli­ar­den­be­träge in die Kassen. Wegen anhal­tend nied­riger Renditen am Anla­ge­markt formiert sich deshalb seit Jahren Wider­stand gegen den seit 1961 nicht mehr ange­passten Zins­satz. Und nun legt auch der Bundes­fi­nanzhof (BFH) erst­mals Veto ein.

BFH: Hoher Zins­satz verstößt gegen Gleich­heits­grund­satz

Nachdem der BFH kürz­lich erst für das Jahr 2013 die Zins­höhe nicht bemän­gelt hatte, gab es nun in einem anderen Verfahren ein gewich­tiges Votum dagegen, nämlich für Zeit­räume zwischen 2015 und 2017. In einem Verfahren, das sich gegen die Höhe der von einem Finanzamt einge­for­derten Nach­zah­lungs­zinsen rich­tete (Az.: IX B 21/18), setzten die Finanz­richter die Voll­zie­hung des Zins­be­scheids aus – und bekun­deten damit verbunden „ernst­liche Zweifel an der Recht­mä­ßig­keit dieses Verwal­tungs­akts“. Ihre Begrün­dung hat es in sich: Sie erklärten, es bestünden „schwer­wie­gende verfas­sungs­recht­liche Zweifel, ob die Zins­höhe von einhalb Prozent für jeden Monat (§ 238 Abs. 1 Satz 1 AO) mit dem allge­meinen Gleich­heits­satz vereinbar ist.“ Auch die Wort­wahl „einhalb“ statt 0,5 oder aber „ein halbes Prozent“ stammt wie die Zins­höhe wohl aus dem Jahr 1961, die Richter zitieren den Gesetz­wort­laut. Zudem erklärten die obersten Finanz­richter: „Eine sach­liche Recht­fer­ti­gung für die gesetz­liche Zins­höhe besteht bei der gebo­tenen summa­ri­schen Prüfung nicht.“

Steuer­berater sollte Einspruch gegen Steu­er­be­scheid prüfen

Unter­nehmer, von denen der Fiskus in den vergan­genen Jahren oder auch aktuell Nach­zah­lungs­zinsen einge­for­dert hat, sollten ihren Steuer­berater fragen, ob ein Einspruch gegen die betref­fenden Steu­er­be­scheide möglich ist. Sind sie bestands­kräftig, geht das natür­lich nicht mehr – aber viel­leicht laufen ja Einsprüche in anderen Punkten oder der Bescheid wurde vom Finanzamt aus anderen Gründen nur vorläufig erlassen. Dann ist oft auch später ein Einspruch möglich. Der kann sich im Fall der Zinsen sehr lohnen – unter Verweis auf das aktu­elle Verfahren und viel­leicht gleich auch noch eines der eben­falls bereits gegen die Zins­höhe laufenden Muster­ver­fahren, die der Bund der Steu­er­zahler für Mitglieder derzeit an­strengt. Die Nach­frage beim Steuer­berater lohnt sich für jeden Unter­nehmer, der Nach­zah­lungs­zinsen gezahlt hat oder jetzt über­weisen soll. Er kann so viel­leicht, ohne selbst klagen zu müssen, viel Geld bei der Steuer sparen – oder bei einem güns­tigen Ausgang des Muster­ver­fah­rens zurück­er­stattet bekommen. Zahlen sollte er das Geld aber ruhig schon jetzt in Absprache mit seinem Steuer­berater. Sind die Verfahren erst mal abge­schlossen und kann sich der Unter­nehmer tatsäch­lich über eine schöne Rück­erstat­tung freuen, werden dann nämlich natür­lich auch darauf wieder Zinsen fällig – zu seinen Gunsten.

Bei Fragen spre­chen Sie uns gerne an.

Quelle: www.trialog-unternehmerblog.de, Heraus­geber: DATEV eG, Nürn­berg